Susanne G. E. Richwien - SozialrechtGedanken rund ums Recht2024-03-19T22:59:03+01:00Susanne G. E. Richwienurn:md5:829961f03533d7775b54bdff4916c0d3DotclearJobcenter muss als Sachleistung wöchentlich 20 FFP2-Masken oder 129 € monatlich zusätzlich gewährenurn:md5:5ac916e404340b31fc2d3fcd7ff438242021-02-17T15:52:00+01:002021-02-18T17:38:27+01:00SusanneSozialrecht<p>Das Sozialgericht Karlsruhe entschied mit Beschluss am 11.02.2021 - Az. S 12 AS 213 /21 ER - in einem Eilverfahren, dass bis zum Sommeranfang am 21.06.2021 das Jobcenter wöchentlich allen ALG2-Leistungsberechtigten (Hartz-IV-Empfängern) 20 FFP2-Masken zur Verfügung stellen muss oder das Jobcenter monatlich 129 € zusätzlich zahlen muss. Die Entscheidung ist rechtskräftig.</p> <p>Begründet wird der Anspruch vom Sozialgericht mit einem Corona-epidemiebedingten Einzelfall von unabwendbarem Hygienebedarf. Ohne Hygienemasken des FFP2-Standards seien Empfänger von Grundsicherungsleistungen im Grundrecht auf soziale Teilhabe gefährdet. Auch diese Betroffenen müssen nach drei Monaten Lockdown wieder am sozialen Leben teilnehmen können.</p>
<p>Eine Verweisung auf Alltags- oder OP-Masken lehnt das Sozialgericht ausdrücklich ab, da diese auch im Hinblick auf die Virusmutationen nicht geeignet seien. Wer trotzdem lediglich OP-Masken trägt, gefährdet sich und andere Menschen. Damit besteht die Gefahr, andere Personen an der Gesundheit zu schädigen und verstößt gegen das gesetzliche Verbot gefährlicher Körperverletzungen.</p>
<p>Auch wenn das Tragen einfacher Masken außerhalb von Krankenhäusern, Pflegeheimen und anderen in der Corona-Verordnung aufgeführten Orten nicht verboten sei, ist dieses verbotswidrige Verhalten (gemeint ist das Tragen einfacher Masken) nicht erlaubt.</p>
<p>Diese Anerkennung individueller Mehrbedarfe für FFP2-Masken dient nicht nur privaten Bedürfnissen, sondern dem Schutz der Allgemeinheit vor einer weiteren Virusverbreitung. Zur effektiven Gefahrenabwehr gesteigerter Ansteckungen muss die Mehrbedarfsgewährung wöchentlich 20 FFP2-Masken umfassen, ansonsten würde dem Infektionsschutz ein Bärendienst erwiesen, wenn nicht täglich mindestens eine FFP2-Maske und durchschnittlich zwei neue weitere FFP2-Masken zur Verfügung gestellt würden. Da diese Masken zum Einmalgebrauch konstruiert sind, ist davon auszugehen, dass Privatpersonen nicht in der Lage sind, fortlaufend zuverlässig die sehr hohen Sorgfaltsanforderungen an die Wiederverwendung von FFP2-Masken zu erfüllen. Ohne die Beachtung der zum Trocknen notwendigen Hygiene-Routinen würden ggf. über mehrere Tage oder Wochen hinweg für den Infektionsschutz ungeeignete oder virenbelastete Masken getragen.</p>
<p>Eine solche Handhabung würde aber nur den Anschein des Infektionsschutzes erwecken. Mit dem massenhaft irreführenden Anschein der Verwendung pandemie-adäquater FFP2-Masken wäre es dem Infektionsschutz nicht zu-, sondern abträglich.</p>
<p>Jetzt sollte jeder Berechtigte mit Ansprüchen auf Grundsicherung (Hartz IV) überlegen, ob er einen solchen Anspruch auch gegenüber seinem zuständigen Jobcenter geltend macht.</p>https://blog.ra-richwien.de/index.php?post/2021/02/17/Jobcenter-muss-als-Sachleistung-w%C3%B6chentlich-20-FFP2-Masken-oder-129-%E2%82%AC-monatlich-zus%C3%A4tzlich-gew%C3%A4hren#comment-formhttps://blog.ra-richwien.de/index.php?feed/atom/comments/68Neue Entscheidung des Thüringer Landessozialgerichts: Jobcenter muss bedürftigen Schülern bis zu 500,00 € für Computer und Drucker mit drei Patronen erstattenurn:md5:73f4e00763382048e394eb58eec5edf42021-01-19T14:11:00+01:002021-01-19T14:11:00+01:00SusanneSozialrecht<p>Gerade im Lockdown müssen die Rechte der Schwachen, nämlich der schulpflichtigen Kinder, auf Bildung und Chancengleichheit gewahrt werden. Das ist nur möglich, wenn die Schüler auch die Möglichkeit haben, sich digital am Unterricht zu beteiligen.</p> <p>Das Thüringer Landessozialgericht hat in seiner heute verkündeten Entscheidung (Az. L 9 AS 862/20 B ER) entschieden, dass Schülern aus sozial benachteiligten Familien wegen der im corona-pandemie-bedingten Lockdown erfolgten Schulschließungen ein Computer mit Drucker und drei Druckerpatronen zusteht. Das beklagte Jobcenter und das erstinstanzliche Sozialgericht Nordhausen hatten dies abgelehnt.</p>
<p>Das Gericht verpflichtete das beklagte Jobcenter diese Geräte zu beschaffen und zwar im einzelnen: ein internetfähiges Gerät nebst Bildschirm, Tastatur, Maus, Drucker und drei Druckerpatronen. Alternativ kann das Jobcenter aber auch die Kosten in Höhe von maximal 500,00 € übernehmen.</p>
<p>Das Thüringer Landessozialgericht begründet seine Entscheidung damit, dass mit der im Dezember erfolgten Schulschließung es zur Verwirklichung des Rechts der betroffenen Schülerin auf Bildung und Chancengleichheit erforderlich sei, einen Computer nebst dem notwendigen Zubehör anzuschaffen. Mit diesem Computer ist die Schülerin dann in der Lage auf die Thüringer Schulcloud zuzugreifen. Das bisher im Haushalt vorhandene einzige internetfähige Smartphone reicht hierzu nicht aus.</p>
<p>Die Kosten für den Computer nebst notwendigen Zubehör sind laut Thüringer Landessozialgericht ein "anzuerkennender unabweisbarer laufender Mehrbedarf" laut Sozialgesetzbuch II (SGBII), da der Bedarf für die Anschaffung der Geräte nicht im Regelbedarf für Hartz-IV-Empfänger berücksichtigt ist. Weiter stellt das Thüringer Landessozialgericht fest, dass der Regelbedarf "unter den gegenwärtigen Umständen der Pandemie nicht mehr in realitätsgerechter Weise zutreffend erfasst" sei.</p>
<p>Kein Anspruch der Schülerin besteht hingegen auf ein hochpreisiges selbst ausgewähltes Gerät, dessen Preis 720,00 € beziffert wurde. Das Gericht stellt hier klar, dass mit der Sozialgesetzgebung kein Anspruch auf bestmögliche Versorgung bestehe, sondern nur auf die Befriedigung einfacher und grundlegender Bedürfnisse. Deshalb müssen Anspruchsberechtigte sich daher mit einem kostengünstigen und gegebenenfalls gebrauchten Gerät abfinden.</p>
<p>Diese Entscheidung ist nicht anfechtbar.</p>
<p>Das bedeutet: Schüler mit einem Anspruch auf SGB-II-Leistungen (Hartz-IV-Leistungen) haben Anspruch auf Erstattung der Kosten für einen internetfähigen Computer mit Drucker bis zu 500,00 €. Dies gilt insbesondere dann, wenn im Haushalt kein internetfähiger Computer vorhanden ist, der für die Schule genutzt werden könnte.</p>https://blog.ra-richwien.de/index.php?post/2021/01/19/Neue-Entscheidung-des-Th%C3%BCringer-Landessozialgerichts%3A-Jobcenter-muss-bed%C3%BCrftigen-Sch%C3%BClern-bis-zu-500%2C00-%E2%82%AC-f%C3%BCr-Computer-und-Drucker-mit-drei-Patronen-erstatten#comment-formhttps://blog.ra-richwien.de/index.php?feed/atom/comments/66Zusätzliche Rentenbeiträge bei der gesetzlichen Rentenversicherung als Renditebringer in Niedrigzinsphaseurn:md5:2a14dbc0b918ac4ae660035c016c95422017-11-16T17:35:00+01:002017-11-16T17:35:00+01:00SusanneSozialrecht<p>Auch wenn die gesetzliche Rentenversicherung verpönt wird: es lohnt sich in Niedrigzinszeiten, ab dem 50. Lebensjahr Zusatzbeiträge zu zahlen, da auf Renten nur der Arbeitnehmeranteil zur Kranken- und Pflegeversicherung (also die Hälfte im Vergleich zu anderen Altersbezügen wie der Betriebsrente) zu zahlen ist.</p> <p>Diese Möglichkeit ist kaum bekannt und ich wurde erst in der Satiresendung "Die Anstalt" zum Thema Rente darauf aufmerksam. Wie Max Uthoff dort verkündete, versuchte man auch bei der Rentenversicherung zunächst, mich abzuwimmeln. Auf hartnäckiges Nachfragen bekam ich dann heraus, dass diese Zusatzbeiträge unter dem Stichwort "Ausgleich der Rentenminderung bei vorzeitiger Inanspruchnahme der Altersrente" heißt.</p>
<p>Dann mußte von dem beitragszahlungswilligen Arbeitnehmer zunächst ein Antrag bei der Rentenversicherung gestellt werden, damit ihm mitgeteilt wird, wie hoch seine Rentenminderung bei der vorzeitigen Inanspruchnahme ausfallen würde. Hierzu kam ein Formular zurück, dass vom Arbeitgeber auszufüllen war und die voraussichtlichen Einkünfte bis zum Renteneintritt bescheinigen sollte. Dann kam lange nichts. Und schließlich nach einigen Monaten kam die Auskunft der Rentenversicherung über die Summe X, die zum Ausgleich eingezahlt werden kann. Das war es also, was Max Uthoff mit dem langen Atem meinte ...</p>
<p>Nun kommt die nächste Klippe: wie sind diese Ausgaben in der Steuererklärung geltend zu machen. Auf Nachfragen beim Finanzamt wurde mir erklärt, dass hier eine Eintragung in Nr. 23 der Elektronischen Lohnsteuerbescheinigung zu erfolgen hat. Ich bleibe da mal dran.</p>
<p>Vorteil bei einer Zahlung in die Rentenversicherung ist, dass die Einzahlungen insolvenzfest sind und beim Rentenbezug nur der Arbeitnehmeranteil an Sozialabgaben zu leisten ist. Dies kann auch bei der Frage nach dem einzusetzenden Vermögen im Kindes- oder Elternunterhalt interessant sein. Nachteilig ist natürlich, dass dieses Geld nach der Überweisung an die Rentenversicherung auch nicht rückholbar ist und man eine Wette auf das Erreichen eines hohen Lebensalters abschließt.</p>https://blog.ra-richwien.de/index.php?post/2017/11/16/Zus%C3%A4tzliche-Rentenbeitr%C3%A4ge-bei-der-gesetzlichen-Rentenversicherung-als-Renditebringer-in-Niedrigzinsphase#comment-formhttps://blog.ra-richwien.de/index.php?feed/atom/comments/25Bundessozialgericht macht Krankenkassen Beineurn:md5:ccb707edf18dbb9bbe0946b93048ff0f2017-11-09T11:27:00+01:002017-11-09T11:27:00+01:00SusanneSozialrecht<p>Das Bundessozialgericht hat die Rechte von Patienten gegenüber den Krankenkassen gestärkt. Die Krankenkassen sind nun verpflichtet, zügig über die Kostenübernahme für anstehende Behandlungen zu entscheiden.</p> <p>Das bedeutet für den einzelnen Patienten, dass eine Krankenkasse sich nicht mehr in ein langes Aussitzen flüchten kann. Wenn die Krankenkasse nicht innerhalb der gesetzlichen Frist über den Kostenübernahmeantrag des Patienten entscheidet, dann gilt der Antrag als genehmigt. Die Krankenkasse hat keine Möglichkeit, diese "fiktive" Genehmigung zurückzunehmen, wie die Richter des Bundessozialgerichts (BSG) in Kassel entschieden, vgl. BSG, Urt. v. 07.11.2017, Az. B 1 KR 15/17 R; B 1 KR 24/17 R .</p>
<p>Laut den gesetzlichen Vorschriften in § 13 SGB V muss eine Krankenkasse innerhalb von 3 Wochen über Anträge auf Kostenübernahme für eine medizinische Behandlung entscheiden. Sollte ein Gutachten notwendig sein, so erhöht sich die Frist auf 5 Wochen. Nach Ablauf dieser gesetzlichen Frist muss die Krankenkasse die Kosten übernehmen.</p>
<p>Das BSG hat noch einmal ausdrücklich klargestellt, dass die Norm keinen Anspruch auf bloße nachträgliche Kostenübernahme gewährt, sondern einen Naturalleistungsanspruch auf Versorgung mit der entsprechenden Behandlung. Das hat den Hintergrund dass auch wenig bemittelte Patienten nicht gegenüber den Versicherten benachteiligt werden sollen, die sich gleich nach der Genehmigung die notwendige Behandlungsleistung selbst beschaffen können. Sonst würde den mittellosen Patienten wieder weggenommen, was ihnen mit einer rechtmäßigen Genehmigung gewährt worden sei.</p>https://blog.ra-richwien.de/index.php?post/2017/11/09/Bundessozialgericht-macht-Krankenkassen-Beine#comment-formhttps://blog.ra-richwien.de/index.php?feed/atom/comments/23